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Anwalts-Tipp
(Jugendstrafrecht)

Jugendstraftaten - Hilfe (auch) für Eltern

I. Ein Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende = ein Schrecken für die ganze Familie

Es ist regelmäßig ein heftiger Schock, wenn Eltern durch ein Schreiben der Polizei oder Staatsanwaltschaft darüber informiert werden, dass gegen ihren Sohn oder ihre Tochter wegen einer (vermeintlichen) Straftat ermittelt wird. Auf die Spitze getrieben wird eine solche Dramatik dann, wenn der/die Jugendliche gar von der Polizei mitgenommen und dem Richter vorgeführt wird.

Kann es wirklich sein, dass mein Kind sich strafbar verhalten hat? Was droht gegebenenfalls an unmittelbaren Rechtsfolgen? Was bedeutet das alles für die Zukunft meines Nachkömmlings? Und was kann ich nun tun, um zu helfen, damit meinem Kind nicht die Zukunft verbaut wird? Fragen über Fragen, die sich wohl fast jeder Mutter und jedem Vater in derartiger Situation stellen werden.

II. Der Jugendstrafverteidiger nutzt die Besonderheiten des Gesetzes, um ein bestmögliches Verfahrensergebnis zu erzielen und die Zukunft zu ebnen

 

Antworten hierauf gibt der auf Jugendstrafrecht spezialisierte anwaltliche Verteidiger. Er wird nach Erhalt grundlegender Informationen zum Tatvorwurf kurzfristig und unter Berücksichtigung der rechtlichen Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens erste wichtige Hinweise zum weiteren Vorgehen erteilen, mit denen zugleich oft folgenschwere Fehler vermieden werden können.

 

Angesprochen ist damit vor allem die Überlegung, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Aussage gemacht werden soll. Grundsätzlich gilt dabei zunächst die Regel: „Schweigen ist Gold!“ – selbst wenn von der Polizei gerne für eine Aussage Vergünstigungen in Aussicht gestellt werden und damit häufig nur die Sicherstellung eigener Ermittlungsergebnisse verbunden und nicht ernsthaft auf Vorteile für den/die Beschuldigte(n) geblickt wird. Meist (und von brisanten Fällen mit Vorführung vor den Ermittlungsrichter abgesehen) kann in aller Ruhe auch später noch eine Einlassung abgegeben werden – nur mit dem Unterschied, dass nach vorangegangener Akteneinsicht und -prüfung durch den beauftragten Anwalt dann die erforderlichen Kenntnisse vorliegen, um die Sinnhaftigkeit einer Aussage beurteilen und diese inhaltlich auf die Ermittlungsergebnisse abstimmen zu können. Bei vorschneller Aussage hingegen passiert es häufig, dass sich im Nachhinein feststellen lässt, dass sie weitaus mehr Schaden, als Nutzen brachten, was in der Regel aber nicht mehr wettzumachen ist.

 

Nähere Informationen zum Aussageverhalten finden Sie auch in unserem gesonderten Rechtstipp "Schweigen ist Gold - die wichtigste Grundregel für Beschuldigte im Strafverfahren".

 

Der Rechtsanwalt wird – je nach Fall und etwaigem strafrechtlichen Vorleben seines jugendlichen Mandanten – regelmäßig versuchen, darauf einzuwirken, dass es zu einer Verfahrenseinstellung kommt oder wenigstens eine angemessene erzieherische Rechtsfolge verhängt wird.

In zahlreichen Fällen gelingt es bei zielführender Verteidigung, dass (nur) z.B. eine gewisse Zahl von Sozialstunden zu leisten ist – eine Lösung und Art der Verfahrenserledigung, die erfahrungsgemäß sowohl bei den jungen Mandanten, als auch ihren Eltern häufig auf große Akzeptanz stößt.

Umgekehrt aber kann es natürlich bei gravierenden Taten durchaus auch zu mehrjährigen Jugend(haft)strafen kommen. Auch wenn das Jugendstrafrecht ein erzieherisch wirkendes Sanktionssystem beinhaltet, kennt es als ultima ratio also extrem einschneidende Rechtsfolgen, wenn nicht auf mildere Weise auf den Delinquenten eingewirkt werden kann.

Dabei gibt es aber wiederum reizvolle Besonderheiten, die dem Erwachsenen-Strafrecht fremd sind, wie beispielsweise die Möglichkeit, die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe für eine bestimmte Bewährungszeit „zu vertagen“, wenn noch nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, ob die für eine Jugendstrafe erforderlichen Voraussetzungen bei dem Täter vorliegen oder nicht (§ 27 JGG). Auch dies ist eine Möglichkeit, die der Anwalt häufig zu nutzen versucht, um Schlimmeres von seinem Klienten abzuwenden.

Wie wichtig die frühzeitige Einschaltung eines kompetenten Anwalts im Jugendstrafverfahren ist, zeigt sich beispielsweise auch an Fällen, bei denen es wie in einem unserer Mandate z.B. nach einer „Zündelei“ mit der schwerwiegenden Folge eines Gebäudebrands und deswegen erfolgender Einstufung als schwere Brandstiftung gemäß § 306a StGB zu einer Vorführung des Jugendlichen beim Haftrichter kommt und der Erlass eines Haftbefehls durch vorläufige Anordnungen über die Erziehung gemäß § 71 JGG verhindert werden kann.

Ebenfalls wird sich der Jurist dafür einsetzen, einen Abschluss des Verfahrens zu erzielen, bei dem es nicht für die berufliche Entwicklung seines Mandanten zu Stolper-Steinen kommt. Insbesondere geht es regelmäßig darum, einen Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis zu verhindern.

Bei zur Tatzeit 14- bis einschließlich 17-jährigen Jugendlichen sind die denkbaren Rechtsfolgen einer Straftat zwingend dem Jugendgerichtsgesetz zu entnehmen.

 

Bei den zur Zeit der Tat 18 bis einschließlich 20 Jahre alten Heranwachsenden hingegen ist nur dann der Maßnahmenkatalog des Jugendgerichtsgesetzes maßgeblich, wenn der „Jung-Erwachsene“ bei Tatbegehung nach seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt, was stets im Einzelfall festgestellt werden muss. In dieser Altersgruppe ist der Kampf um die Anwendung des Jugendstrafrechts ein erstes wichtiges Zwischen-Ziel der anwaltlichen Verteidigung.

 

Fazit: Wenn die eigenen Kinder beschuldigt werden, im Alter von 14 bis (einschließlich) 20 Jahren gegen ein Strafgesetz verstoßen zu haben, sollte schnellstmöglich ein im Jugendstrafrecht versierter Strafverteidiger kontaktiert und beauftragt werden. Dieser wird schnellstmöglich und zielgerichtet Verteidigungs-Maßnahmen für seine noch jungen Klienten in die Wege leiten und damit zugleich unmittelbarer Ansprechpartner für deren Eltern in der schweren Phase des Strafverfahrens sein. 

III. Kosten der Verteidigung 

Die Kosten für diese Tätigkeit werden abhängig von der Art der vorgeworfenen Straftat zum Teil von einer bestehenden Rechtschutzversicherung übernommen. Anderenfalls sind die Kosten regelmäßig vom Beschuldigten selbst zu zahlen bzw. im Falle der Minderjährigkeit von dessen Angehörigen.

Die Höhe der Kosten ist abhängig von zahlreichen Umständen, insbesondere dem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit für den Beschuldigten, so dass an dieser Stelle keine allgemeinen Angaben möglich sind. Fragen Sie bei Interesse einfach den gewählten Juristen im Vorfeld nach einer Kostenprognose.

In bestimmten Fällen kann es sein, dass ein Anspruch auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers und damit auf staatliche Vorfinanzierung eines anwaltlichen Beistands besteht. Entgegen landläufiger Meinung geht es dabei aber nicht etwa um Fragen der wirtschaftlichen bzw. sozialen Bedürftigkeit. Vielmehr sieht der Gesetzgeber in einem mehr oder weniger abschließenden Katalog in § 140 StPO verschiedene Fälle vor, die er aufgrund ihrer Umstände als so gravierend einstuft, dass ein Beschuldigter nicht ohne professionelle juristische Hilfe durch das Verfahren gehen soll. Es würde den Umfang dieses Beitrages sprengen und bleibt deswegen einem gesonderten Rechtstipp vorbehalten, wann ein derartiger Fall der sogenannten notwendigen Verteidigung im Jugendstrafrecht vorliegt. Der beauftragte Rechtsanwalt wird gerne auf Nachfrage eine fallbezogene Einschätzung vornehmen.

Dr. Sven Hufnagel

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